Zugegeben: Eigentlich war es eine Schnapsidee, zum NovaRock zu fahren. Eiiigentlich wollten wir wieder aufs Rock am Ring, weil das Line-Up so grandios ausfiel, aber dann haben sie die VIP-Tickets gestrichen, die uns letztes Jahr unsere alten Ärsche gerettet haben. Stures Urteil: Festival fällt 2016 aus. Und als ich dann geguckt habe, wo Billy Talent eigentlich noch so auftritt, habe ich das NovaRock entdeckt: Quasi identisches Line-Up wie das RaR, mit VIP-Tickets zu halbwegs humanen Preisen – nur halt 1.000 km weit weg. Aber das stört einen ja in der Planungsphase noch nicht. NovaRock it is!
Als ich am Mittwoch von der Arbeit heim kam, sind Ina und Eddy schon mit Christian beim ADAC gewesen, haben sich allesamt eine Auslandskrankenversicherung und Kartenmaterial besorgt und Pizza bestellt. Um 20 Uhr bestiegen wir dann Eddys treuen Passat und düsten gen Österreich.
Donnerstag, 09. Juni:
Die Jungs fuhren die Nacht durch und gegen 8 Uhr am Donnerstag kamen wir am Festivalgelände an. Während wir noch Panik schoben, ob die besten Plätze des VIP-Campings von den Frühanreisern schon blockiert waren (RaR-Trauma), erreichten wir eine eingezäunte, komplett leere Wiese, vor deren Eingang wir direkt parken konnten. Wir lachten in panischer Begeisterung, konnten uns kaum entscheiden, wo wir jetzt hin wollten und bauten schließlich Zelte und Pavillon auf.
Geländeplan:
Auf dem NR sind große Möbel, alles Elektrische und Feurige verboten, darum hatten wir den Passat nur mit der Grundausstattung gepackt. Das stellte sich allerdings bald als unnötig heraus, denn auf dem VIP-Platz wurde niemand kontrolliert und unsere Nachbarn bauten sogar eine ganze verdammte Einbauküche auf.
Wir hingegen schlüpften erstmal in unsere Zelte um etwas Schlaf nachzuholen und waren dann pünktlich zu Breaking Benjamin um 18 Uhr vor der Blue Stage.
Leider fanden wir die Band unerwartet schnarchig, den VIP-Bereich zwischen den Bühnen dafür umso geiler: Es gab eine Tribüne, ein Zeltgebäude dessen Obergeschoss noch über die Tribüne ragte, eine chillige Palettenmöbellounge und -vor allem- saubere WCs.
Um 22:15 begannen dann Billy Talent und machten den Anreisetag schon zu einem grandiosen Highlight
Billy Talent mit „Devil on my Shoulder“:
Während der Schatz, der ja im Auto kaum hatte schlafen können, danach ins Bett Zelt trottete und Ina und ich uns ins VIP-Gebäude kuschelten, rockte Eddy noch bis 1 Uhr zu KoRn, bevor wir schließlich alle schlafen gingen.
Freitag, 10. Juni:
Unser Neid auf die Einbauküche hatte uns bereits übermannt. Darum stapften wir nach einem spartanischen Frühstück zum Auto und fuhren nach Neusiedl: Zunächst erleichterten wir einen Baumarkt um einen günstigen Grill, dann den Hofer (Ösi-Aldi) um ein Gasgeräteset (lustiges Detail, das sich erst später herausstellte: ohne Gaskocher) und schließlich den Eurospar um eine Kofferraumladung Futter (ja, der randvolle Einkaufswagen rechts im Bild ist unserer).
Eiswürfel hingegen fanden wir nirgends, und ernteten bei der Frage danach nur irritierte Blicke und die Aufforderung, „Sackerl“ zu befüllen und einzufrieren. Witzig, Österreich! Ein paar tiefgekühlte Kühlakkus mussten also für Speis und Trank reichen. Immerhin konnte so Inas Styroporbox ihre Qualitäten beweisen, während die Kühlbox kläglich versagte.
Durch intenssives Observieren der beiden Eingänge zum VIP-Campingplatz wussten wir inzwischen auch, welche Seite Autos durchließ und konnten jetzt entspannt vor unserem Zelt parken.
Nach einem ausgiebigen Grillen (während der Koch der Gruppe gegenüber Kaminholz zu Kohlen verbrannte, ernsthaft Brot in den Backofen schob und auf seiner Küchenzeile eine Riesenschüssel bunten Salat anrichtete) waren wir gestärkt und zufrieden und waren um 19:25 vor der Blue Stage um dem Terminator Garbage zuzuhören.
Um 21h folgte dort schon das nächste Highlight des Festivals: The Offspring heizten ordentlich ein, obwohl ich leider zugeben muss, dass ich viele Songs der Setlist nicht kannte.
The Offspring mit „Pretty Fly (for a White Guy)“:
Anschließend sahen wir auf der Red Stage noch das Ende von Bullet for my Valentine und stürzten uns dann ins Getümmel für Disturbed, die bis Viertel vor 1 mehr Spaß machten, als ich erwartet hätte.
Disturbed mit „Down with the Sickness“:
Samstag, 11. Juni:
Wir machten uns einen chilligen Tag auf dem Zeltplatz, weil das Nachmittags-Line-Up unseren Grill-Brunch nicht übertreffen konnte.
Immerhin lösten wir dann noch den Gutschein für ein 7er-Träger Bier ein, den ich am Vortag geschenkt bekommen hatte. Einige Anmerkungen dazu: Wir wissen nicht, warum 7er-Träger erfunden wurden; 7°C ist semi-offiziell zu kalt für Bier und Alkohol ist der Teufel.
Um kurz vor 8 waren wir dann aber pünktlich zu den Dropkick Murphys auf der VIP-Tribüne.
Größte Überraschung des Auftritts war allerdings, als hinter uns plötzlich ein ziemlich betrunkener Typ einfach aus dem Obergeschoss des VIP-Gebäudes sprang. Eddy, seines Zeichens Ersthelfer, diagnostizierte einen fiesen Unterschenkelbruch und konnte den Patienten nach fünf Minuten an die Sanis abgeben. Für uns wiederum ging das Festival mit Alice Cooper weiter.
Anschließend ließ Volbeat uns ab halb 12 ziemlich un-gentleman-like im plötzlichen strömenden Regen warten, versöhnten uns dann aber mit einem grandiosen Auftritt (auch wenn eine so lange Pause vor der Zugabe bei dem Wetter wirklich nicht hätte sein müssen).
Volbeat mit „The Devil’s Bleeding Crown“, „Heaven Nor Hell“ u.a.:
Sonntag, 12. Juni:
Letzter Festivaltag! Nach einem seriösen Ausschlafen machten wir das Festivalgelände unsicher, echauffierten uns über das Marketing von Captain Morgan (ich wollte wirklich so einen Hut!) und organisierten uns gratis Regenponchos, denn das Wetter kippte bereits wieder – allerdings immerhin nur ein steter, nerviger Niesel und nicht ein vierstündiger-10°-Platzregen wie am Vortag. Um halb 8 waren wir dann Aufnahmebereit für ernsthaften Rock (wer zum Henker hat KIZ auf die Bühne gelassen?!) und hörten Heaven Shall Burn auf der Red Stage – quasi als Vorband für Twisted Sister, die auf Abschiedstournee waren. Und was für ein Abschied! Die alten Männer zerlegten den Platz ordentlich. Respekt!
Twisted Sister live mit „The Price“ (das bitte auf meiner Beerdigung gespielt werden soll) und „I believe in Rock’n’Roll“
Da machte es dann auch nichts, dass wir zu spät zu den Red Hot Chili Peppers auf der Blue Stage kamen und nur von der Tribüne aus einen Blick auf die Kalifornier werfen konnten. Ganz ehrlich: Wir waren so dermaßen von Musik und Endorphinen gesättigt, dass wir uns in die VIP-Lounge setzten, uns dort die geilsten Burger unseres Lebens reinzogen und die Chili Peppers im Hintergrund live hörten.
Ehrlich gesagt verpassten wir dabei auch nicht viel, die Chili Peppers waren auch nach Pressemeinung nicht auf der Höhe und involvierten das Publikum nicht. So motivierte uns erst das Abschlussfeuerwerk num Mitternacht wieder zum Aufstehen.
Montag, 13. Juni:
Als ich aus dem Schlafsack kroch, waren beide Zelte schon fast abgebaut. Bis 9 Uhr war der Passat (der, man kann es nicht oft genug sagen, direkt vor dem Pavillon geparkt war) wieder vollgestopft und etwa zwei Stunden später hatten wir es auch vom Gelände geschafft. Tschüß, NovaRock!
Die 1000 Km nach Hause waren erwartungsgemäß mit Erschöpfung durchsetzt, hinzu kam noch ein heftiger Gewittereinbruch (auch „Schnitzelpause“ genannt), aber schließlich kamen wir heile wieder nach Hause. Home is where your toilet is! Nach einer ordentlichen Dusche waren wir dann auch wieder richtige Menschen.
Rückblickend war es natürlich eine herausragende Entscheidung, 2016 nicht zum Rock am Ring zu fahren (wo das Wetter ja nunmal deutlich schlechter war) und die Inklusivleistungen des VIP-Tickets auf dem NovaRock geben dem ganzen schon fast Wellnesscharakter. Ein großartiges Festival!