Margaret Mitchell – Vom Winde verweht

Erster Satz: Scarlett O’Hara was not beautiful, but men seldom realized it when caught by her charm as the Tarleton twins were.

Scarlett O’Hara ist eine egoistische, verwöhnte, oberflächliche, manipulative Südstaatenschönheit. Die einzigen guten Eigenschaften, die mir einfallen: absolute Treue gegenüber denen, die sie liebt, kaufmännische Begabung [allerdings keine erstrebenswerte Eigenschaft für eine Frau ihrer Zeit] und eiserne Willensstärke.

Scarletts Dilemma ist, dass sie ihren gutaussehenden, gebildeten Nachbarn Ashley Wilkes liebt. Als sie ihm während der „Mittagspause“ einer Gartenparty diese Liebe gesteht (No-go für eine Lady!), deutet dieser zwar an, dass er ähnlich empfindet, aber sagt, dass ihr Temperament und seine Bücherliebe zu einer unglücklichen Ehe führen würden. Er werde seine Cousine Melanie heiraten – einen farblosen, zurückhaltenden Gutmensch, den Scarlett aus tiefsten Herzen verabscheut (wie die meisten tieffreundlichen Menschen). Ashley verspricht so zu tun, als wäre dieses Geständnis nie geschehen und verlässt den Raum. Scarlett rastet daraufhin komplett aus und als sie das Wilkes’sche Porzellan durchs Zimmer wirft, erhebt sich der unsympatische Außenseiter Rhett Butler von einer Couch und verkündet amüsiert, dass es schon schlimm genug sei von so einer Szene aus dem Schlaf gerissen zu werden, aber er jetzt nicht auch noch um sein Leben fürchten wolle. Die schockierte Scarlett streitet kurz mit ihm und flüchtet dann aus dem Raum.
Das ist der Ausgangspunkt. Im Folgenden wird der Beginn des Unabhägigkeitskriegs verkündet, Scarlett heiratet kurzerhand Melanies schüchternen Bruder Charles, der allerdings im Ausbildungslager stirbt noch bevor sie seinen Sohn Wade Hampton geboren hat. Weil das Leben auf dem Land für eine 16jährige Witwe unerträglich langweilig ist, zieht Scarlett nach Atlanta – ausgerechnet zu der verhassten Melanie und ihrer Tante Pittypat. Hier wird Scarlett umso mehr mit dem Krieg konfrontiert, muss sich mit Melanies Naivität rumschlagen (umso mehr, nachdem Ashley ihr bei einem Besuch das Versprechen abnimmt, sich um seine Frau zu kümmern) und begegnet immer öfter Rhett Butler, der mit wenigen wohlpointierten Worten Scarlett in absolute Rage bringt oder wortlos zurücklässt.

Das Buch beginnt im Jahr 1861 und endet 1873, wir durchleben also mit ihr den gesamten Krieg, von Ausbruch über die Belagerung Atlantas bis zum Wiederaufbau. Allen Vorurteilen zum Trotz ist dieses Buch keine Schnulze. Natürlich geht es um Liebe, aber vor allem geht es um Selbstverwirklichung gegen gesellschaftliche Zwänge und, später, Überleben gegen gesellschaftliche Zwänge. Es geht darum, das Schlimmste durchzumachen und trotzdem weiterzumachen – und darum, was das Schlimmste überhaupt ist.
„Vom Winde verweht“ ist mein Lieblingsbuch seit ich 15 oder 16 war. Ich habe es schon zigmal gelesen, jetzt zum ersten Mal auf englisch, und trotzdem bringt es mich immer noch zum Heulen. Der Roman strotzt vor gigantischen Szenen, nach denen ich ihn jedesmal erstmal weglegen und eine Pause zum Luftholen machen muss. Ein wirklich großartiges Werk.

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