Der katastrophale vierte Jahrestag

Es ist jetzt schon eine Weile her und ich hab’s immer wieder aufgeschoben, davon zu berichten: Die Feier unseres vierten Jahrestages.
Der Schatz und ich haben am 01. Juni Jubiläum, aber da der in diesem Jahr auf einen Dienstag fiel und obendrein meinen Klausurenmonat einläutete, verlegten wir das offizielle Feiern auf ein unbestimmtes Datum und zelebrierten erstmal nur in der Intimität unserer vier Wände.

Zum Geburtstag 2009 hatte ich vom Schatz einen von diesen papierlosen Gutscheinen bekommen, bei denen man sich gerne kichernd ausmalt, wie der Schenker sich vor 10 Minuten noch verzweifelt im Wandschrank versteckt hat. (Wir haben natürlich keinen Wandschrank und selbstverständlich hat der Schatz auch kein Versteck nötig, aber so in der Art war dieses tolle Geschenk halt.) Der Gutschein belief sich auf ein romantisches Dinner im neuen viereinhalb-Sterne-Hotel. Natürlich nicht in dem zugehörigen Vier-Sterne-Restaurant, das ist so gar nicht unsers, sondern in der ebenfalls zugehörigen „normalen“ Gastronomie, das ja immerhin auch ein bißchen gehoben sein wird.
Übrigens habe ich in dem Zusammenhang von meiner Nagelfee erfahren, die es wieder von jemand anderem weiß, dass ein Vier-Sterne-Restaurant immer einen sternlosen Partner habe, damit die Zutatenreste des Sternekochs dort verwendet werden können; das sei im Sternglanz nämlich verboten.
Wie auch immer. Wir beschlossen jedenfalls jetzt, das eine mit dem anderen zu verbinden, denn mein nächster Geburtstag rückte ja auch näher und irgendwie hatte ich das Gefühl, der imaginäre Gutschein werde dann so langsam verfallen, und entschieden in dem Nicht-vier-Sterne-Restaurant zur Feier unseres vierten Jahrestages essen zu gehen.

Schließlich war es dann so weit. Am 27. Juni, unter dem lauten Hupen von Fußballfans, aber immerhin noch im Monat des echten Jubiläumsdatums, machten wir uns auf den Weg. Ich hatte mir nur für diesen Anlass ein heißes kleines Schwarzes gekauft und mir Locken eingedreht. Hölle, ich hab mir sogar extra neue Haarnadeln gekauft! Der Schatz trug dazu passend (zum Kleid, nicht zu den Haarnadeln) Hemd, Anzug und saubere Schuhe. Alles wunderbar. Die Begeisterung über den schönen romantischen Abend hielt an, bis wir das Restaurant betraten.

Eine tolle Aussicht, das muss man denen lassen, aber wahnsinnig eng gestellte Tische, die zugleich zu tief waren um sich vernünftig unterhalten zu können, und eine furchtbare Akkustik, die die Gespräche der anwesenden Gäste durch den ganzen Raum schallen ließ, was natürlich zum Teil auch an der übertiefen Tischtiefe liegen mag. Eben genannte anwesende Gäste waren übrigens durchgehend in Polohemden, kurze Hosen und Flip-Flops gekleidet, aber das glitt an uns ab, denn wir haben uns natürlich „füreinander“ aufgebrezelt.
Dann kam die Karte. Sie „übersichtlich“ zu nennen, wäre eine glatte Untertreibung, ich schwöre, dass ich sie in 5 Minuten hätte auswendig lernen können. Und mein Gedächnis ist wirklich schlecht. Da ich weder Rind mag noch Tierkinder esse noch ein Fan von Fisch bin, blieb mir die Auswahl zwischen Schnitzel und Wachtel. Im vollen Bewusstsein dieser kuriosen Situation entschied ich mich für den Vogel, denn für ein Schnitzel zieh ich kein kleines Schwarzes an. Der Schatz bestellte sich also ein Steak, ich orderte „Wachtelbrust in Kardamom mit Mandelmilch und gebackener Keule an Bittersalaten“.

Jetzt hätte es gemütlich werden können. Doch die merkwürdigen Gespräche der Menschen zwei Tische weiter erzeugten in mir nicht unbedingt romantische Atmosphäre und alle zwei Minuten kam abwechselnd eine der beiden Kellnerinnen, entweder um Gläser hinzustellen oder Gläser abzuräumen. Es war eine Katastrophe.
Nach einigen geflüsterten Gesprächen (auch eine Art Romantik?) kam schließlich unser Essen. Der Schatz genoss sein Steak, meine Wachtel hingegen war noch kleiner als befürchtet. Und, naja, von so Gelee überzogen.

Ich fass mich jetzt einfach mal kurz: Das, was man aus dem Gelee rauskratzen konnte, war durchaus lecker. Hat auch bestimmt für drei Bissen gereicht. Der Salat war eklig und ich rettete mich mit des Schatzes Kartoffeln davor, unangenehm aufzufallen, weil ich den Tisch annage.
Dann kam auch schon wieder die Kellnerin: Ob wir noch Nachtisch wollen. Nein, ich wollte nur noch nach Hause und den Pizza-Service anrufen.

4 Antworten auf „Der katastrophale vierte Jahrestag“

  1. Oh wie schade!
    Gerade seine Jahrestage möchte man doch eigentlich gemütlich und in entsprechend würdigender Stimmung feiern…
    Mir ist das auch schon so gegangen.
    Falsch, nochmal: Mir geht das nahezu IMMER so, wobei ich aber zugegebenmermaßen extrem anspruchsvoll bin (8 von 10 Lokalitäten sehen mich nur dieses Eine Mal).
    Zu wichtigen Anlässen kommt mir daher ausschließlich nur noch Wohlbekanntes, zuvor mehrfach Ausgetestetes in die Tüte.
    Deshalb kann ich Deine Frustration supergut verstehen…

    1. Ich muss zugeben, frustriert bin ich gar nicht – immerhin wird dieser Tag in Erinnerung bleiben und gibt eine lustige Geschichte ab. Würde mir aber vermutlich auch anders gehen, wenn wir nicht nur nachgefeiert hätten, sondern diese Pleite direkt am Jahrestag passiert wäre…

  2. Das ist echt ärgerlich und schade !

    Wenn es ein „imaginärer“ Gutschein war – ihr hättet ja auch spontan wo anders hingehen können (also nach Studium der Speisekarte) ?
    Oder was genau ist ein „imaginärer“ Gutschein ?

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