Das Rad zu meinem Sarg

Warum müssen immer alle Leute Fahrradausflüge machen?! Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, dass der Schatz und ich auf Korfu eine Radtour unternommen haben, auf der ich fast gestorben wäre.
Um beim Thema zu bleiben – Dienstag war Strandtag. Und aus einem mir unbekannten Grund hatten sich meine Freunde in den Kopf gesetzt, den Weg auf zwei Rädern zurückzulegen. Die Drahtesel kann man samt Helm kostenlos mieten, die Behauptung, es seien „nur 19 Kilometer“ stellte sich glücklicherweise als falsch heraus (es waren zwölf) und meine zögerlichen Einwände fanden kein Ohr. Also rauf auf den Sattel.
Selbstverständlich sind Mieträder nicht die modernsten und bestgepflegtesten und selbstverständlich hatten wir auch ein mackiges Rad dabei – das hatte selbstverständlich ich erwischt. Das Hinterrad rollte nicht richtig und da wir keinen Grund dafür fanden (geschweigedenn eine Möglichkeit zum Beheben), hieß es kräftig treten.
Immerhin entschädigte mich die Route direkt am Fluss entlang für die Anstrengung.

Den Strand erreichten wir nach 1,5 Stunden und er war weit und weiß und einsam und wunderschön, mit klarem blauen Wasser – einfach großartig. Wir ließen uns anständig durchbrutzeln, es war herrliches Wetter.

Für den Rückweg wollte ich die Tram nehmen. Meine Freunde radelten zwar heim, aber ich hatte das Gefühl, dass ich meiner Haut nicht viel mehr Sonne zumuten konnte – mal ganz davon abgesehen, dass ich kaum noch die Beine bewegen konnte.
Zur Tramstation musste ich nach Glenelg, noch weiter südlich. Alle haben mir immer gesagt, die Endstation sei direkt am Strand, also fuhr ich die Küste entlang, bis ich jemanden traf der mich mit einer „links-rechts-links-geradeaus-rechts“-Beschreibung völlig aus der Fassung brachte. Fünf Minuten später fand ich heraus, dass Busse keine Fahrräder mitnehmen.
Um es gleich schonmal vorweg zu nehmen: Die Tram auch nicht. Das erfuhr ich aber erst viel später, denn die Tramstation habe ich nicht mehr gefunden. Ich steuerte also wieder Adelaide an, dabei dezent auf die Straße schielend, in der Hoffnung, dass ein freies Großraumtaxi vielleicht neben mir hält… Der Haken an der Sache: Wenn man das Leihfahrrad nicht bis 16 Uhr zurückgibt, muss man 25$ Strafe zahlen. Die Tram, die ich nehmen wollte, wäre um 3 Uhr abgefahren. Ich hatte also die leise Hoffnung, vielleicht sogar Geld zu sparen, wenn ich mir einen Chauffeur organisiere.
Schließlich versuchte ich auch tatsächlich, ein Taxi zu ordern – ist aber superschwierig, wenn man nicht weiß, in welchem Vorort man sich momentan befindet. „Albert Street, direkt am Torrens River“ zählt nicht als adäquate Ortsangabe, habe ich gelernt. Also radelte ich tapfer weiter.
In der Verzweiflung vielleicht nur eine Stunde zu spät zu kommen, rief ich schließlich Mathilde an, doch ihr Wagen ist momentan mit Terrys Cousin unterwegs – keine Rettung von dieser Seite.
Hatte ich erwähnt, dass mein Hinterrad blockierte und ich an dem Tag noch nichts gegessen hatte? Ich stand kurz vor dem Kollaps, als eine Aoptheke mir die Bestellung eines Taxis verweigerte. Während ich ein paar Meter weiter eine Rast einlegte, rief mich die erboste Dame vom Fahrradverleih an: Ich sei über eine Stunde zu spät, müsse Strafe zahlen und habe das Rad bis 18 Uhr zurück zu bringen.
Derart motiviert beschloss ich, die restlichen läppischen 5 Kilometer in Rekordzeit zu schaffen (also, angesichts des Zustands von dem Rad und mir) und war 10 Minuten später überglücklich, als ich an einer Taxizentrale vorbeiradelte. Der barsche Mann, der auf der anderen Seite des Summers wohnte, brummte, dass ein Wagen für mich käme und aus jenem Wagen stieg dann jemand, der mein Rad für zu groß befand. Ganz ehrlich: Ich vermisse schmerzlich den „freundlichen Australier“, von dem alle Welt spricht. Jedenfalls hat das Fahrrad doch noch in den Kombi gepasst und um 5 vor 6 wurde ich zum Preis von 20$ wegen des Berufsverkehrs in einer Parallelstraße der Verleihstation abgesetzt. Exakt um 18 Uhr tauschte ich Helm gegen Pass zurück und wurde nach einer bühnenreifen obwohl zurückhaltenden Dramatisierung des Hinterradzustands von der Strafgebühr befreit. Doch noch 5$ gespart.
Muss ich noch erwähnen, dass meine rechte Körperseite außerhalb des Tshirts komplett verbrannt war? Nein? Okay, dachte ich auch nicht….

Die 28 Kilometer, die ich geradelt bin, sehen auf der Karte dann übrigens so aus:

Sehr deprimierend.

Adelaide, 24.02.2011, 22:01h

2 Antworten auf „Das Rad zu meinem Sarg“

  1. Gradio! Grandio grandio 🙂 Laut gelacht 🙂 Sorry doof Situation aber einfach total gut geschrieben von dir! Warum haben deine Freunde nichts von Fahrrad-Verbot in der Tram gesacht? ^^

    1. Wussten wir nicht. Tatsächlich dachte ich, die Tram nimmt Mo-Fr Räder mit. Aber vielleicht auch nur Sa und So. Jedenfalls sagte der Taxifahrer, die nimmt inzwischen gar keine Fahrräder mehr mit. Ganz ehrlich: Ich werde es vermutlich nie erfahren und das ist auch gut so.

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