Das Zwei-Euro-Massaker

Gestern Abend beschlossen der Schatz und ich schon auf dem ausnahmsweise mal gemeinsamen Heimweg, das Abendessen beim Türken zu bestellen. Essen zu bestellen hat ja aber immer einen merkwürdigen Nebeneffekt: Man weiß, dass es klingeln wird, aber nicht, wann genau. Zu zweit kann man die Toilettengänge dann immerhin nacheinander angehen (das tun wir natürlich auch, wenn wir nicht auf Lieferanten warten), aber irgendwie bleibt man doch „auf Abruf“. Und immer, wenn das Klingeln langsam in realistische Nähe rückt, bekommt der Schatz plötzlich ein Gelüst nach einer letzten Zigarette vor dem Essen.
So auch gestern. Dienstbeflissen rechnete er mir vor, wieviel dem Lieferanten zu bezahlen seien, denn ich „gebe immer zu viel Trinkgeld“. (Das stimmt gar nicht, nur dem kleinen Chinesen der für den Italiener ausliefert, weil der mich immer so verliebt anlächelt [Henne-Ei-Problem, ja ich weiß].) Ich wurde also offiziell autorisiert, zwölf Euro herauszugeben. Und wenn der Mann mir schon mit Kindergarten kommt, dann steig ich da auch voll ein, also offenbarte ich ihm, dass er mir ein Eurostück geben müsse, ansonsten sei ich dazu finanziell (mit einem Zehner, einem Zwanziger und einem Eurostück im Portemonnaie) nicht in der Lage. Großzügig-protzig legte er daraufhin das titelgebende Zwei-Euro-Stück auf meinen Schreibtisch und ging zum Rauchen nach unten.
Diese Zeit verstrich ohne besondere Auffälligkeiten, der Schatz kehrte zurück, zog Mantel und Schuhe aus, kam zu mir an den Tisch, nahm – das – Zwei-Euro-Stück – hoch ! und sagte: „Er war also noch nicht hier, dann bezahl ich gleich.“
Zwei Minuten später, der Pizzamann ließ immer noch auf sich warten, stand er schon wieder neben mir: „Dann kann ich das Zwei-Euro-Stück ja auch wieder einstecken – oder hast du es schon in dein Portemonnaie getan?“ Die Münze war weg, aber definitiv nicht bei meinem Geld, denn das lag unangetastet im Flur, ich hatte mich vom Rechner nicht wegbewegt. Irritiert sagte ich ihm, dass er es gerade selbst eingesteckt hatte. Der Schatz tat verwirrt, holte seine Brieftasche aus der Hose und zeigte mir das Zwei-Euro-Stück-freie Münzfach.
Es entbrannte eine wilde Diskussion, die sich natürlich nicht um die zwei Euro entfachte, sondern eher, weil wir beide glaubten, der andere veräppele einen. Schließlich gab der Schatz nach, durchsuchte noch eine Weile seine Hosentaschen und als dann das Essen kam, war die Diskussion schon wieder vergessen.
Als ich vorhin meinen Rechner hochfuhr und die Tastatur heranzog, lag darunter ein zwei-Euro-Stück. Entweder, die hat der Schatz heute früh dort platziert um seine Position zu stärken oder, ähm, ich habe mich geirrt. … Eine Frechheit, mir einfach das Corpus Delicti unterzujubeln!