Arundhati Roy – Der Gott der kleinen Dinge

Erster Satz: Der Mai in Ayemenem ist ein heißer, brütender Monat.

Ich habe mich lange gescheut, eine Kritik zu diesem Buch zu schreiben. Als ich es gerade gelesen hatte, weil die Begeisterung zu groß war, und als ich wieder zu „Atem“ gekommen war, weil es schwer ist, einen Anfang zu finden.

Worum geht es? Es geht um Zwillinge: das Mädchen Rahel und der Junge Estha. Es geht um ihre Mutter, die die Untat begangen hatte, sich scheiden zu lassen, weil ihr Mann sie schlug. Es geht um den Onkel der beiden, der sich zwar auch scheiden ließ, aber das Familienoberhaupt ist. Es geht um dessen Tochter, die bei ihrer Mutter in England lebte, bis sie zu Besuch kamen weil ihr neuer „Vater“ gestorben war. Es geht um ihre Großmutter, eine Macherin, eine Regentin, eine Frau, die ihren Sohn mehr als alles auf der Welt verehrt. Es geht um Indien, um Kasten und um Rollen.

Dieses Buch steckt voller Poesie und Grausamkeit. Das zerbrochene Indien aus den Augen eines Kindes, die Aufgaben einer alleinerziehenden Mutter in einer abweisenden Welt und nicht zuletzt das „Ereignis“, das den Angelpunkt darstellt: Der Unfall der kleinen Tochter aus England und die weit reichenden Folgen.

Ich persönlich habe auch ein paar Mankos anzuführen: Zum Teil spielt die Geschichte in drei Zeiten zugleich
und nicht immer merkt der Leser sofort, wenn der Wechsel der jungen Rahel zur erwachsenen Rahel stattgefunden hat. Auch macht es das Verstehen nicht unbedingt leichter, dass mir die indischen Kastensysteme nicht gerade geläufig sind. Ich denke aber, dass diese Dinge verschmerzbar sind.
Lest dieses Buch. Es fesselt einen und lässt nicht mehr los.