Eventuell zerstöre ich jetzt ein paar Weltbilder, aber: Der große Bauer ist mir zu groß. Ich kann es nicht leiden, wenn der Becher kaum niedriger ist als der Löffelstiel. Ich meine – wer will schon mit Löffel und Fingern bis in den Joghurtbecher hineinlangen und dabei beides besudeln müssen? Oder ist unsere Aussteuer einfach schon in die Jahre gekommen und heutzutage sind die Teelöffel länger? Oder isst vielleicht ein Großteil der Konsumenten Joghurt mit einem Esslöffel? Das (Achtung, Wortwitz:) ist mir zu hoch.
Ansonsten? Die ITB hängt uns noch nach. Die drei Tage haben wirklich geschlaucht. Zwischen zweimal sieben Stunden Fahrt war Dauerwanderung und Prospekte-Schleppen angesagt, unterbrochen nur durch das Kongressprogramm und Übernachtungen im Hostel. Aber eins nach dem Anderen. Die gefühlten hundert Hallen waren gut gefüllt mit (im wahrsten Sinne des Wortes) aller Herren Länder. Und leider äußerst verführerisch. Außer Fachzeitschriften habe ich Informationen über Sardinien, Australien, Spanien, Italien, Schweden, Kanada, China und Japan sowie auf Jugend- und Erlebnisreisen spezialisierte Reiseveranstalterkataloge mitgenommen. Es hat sich außerdem herausgestellt, dass Kerstin eine sehr erfahrene Messeschnorrerin ist, bei der das Verhältnis aus Prospekten und Souvenirs vermutlich 1:1 beträgt. Ich hingegen habe höchstens acht Kullis und ein Schlüsselband, ein bißchen Tee, eine kleine Handvoll Bonbons und eine Menge Fernweh gesammelt.
Das Kongressprogramm war echt spannend, aber da immer etwa fünf Veranstaltungen parallel laufen, konnte ich nicht mal zu der Hälfte der Vorträge gehen, die mich interessiert hätten. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich etwas enttäuscht davon war, dass viele der Diskussionen entweder ziemlich schnell vom Thema abwichen oder sich mehr um das „ob“ drehten als um das viel aufschlussreichere „wie“. Meine Kommilitoninnen saßen in einem Vortrag, in dem der CEO eines großen Reiseveranstalters offenbar ausschließlich dazu nutzte um sich und seine Firma zu profilieren und von einer anderen Veranstaltung habe ich gehört, dass sie mit den Worten begann „Ich soll hier über […] erzählen, davon verstehe ich aber nichts, ich lese mal aus meinem Buch vor…“. Von solchen Ausfällen bin ich verschont worden und mir hat das Kongressprogramm insgesamt sehr gut gefallen.
Das Hostel, in dem wir einquartiert waren, kannte eine meiner Freundinnen aus einer Fernsehreportage über betrunkene Jugendgruppen. Abgesehen von der klassenfahrtsbedingten Lautstärke auf den nächtlichen Fluren war es jedoch ganz okay. Die Ausnahme bildet das Badezimmer, das etwa zwei Quadratmeter groß war (nur zur Verdeutlichung: wir schliefen in einem Sechsbettzimmer), dessen Toillette sich nach vorne neigte, wenn man sich darauf setzte (dazu war es wohl nicht konzipiert) und dessen Dusche in etwa die Größe von zwei Toilettendeckeln hatte. Faszinierenderweise war die Dusche ebenerdig mit dem restlichen Badezimmer, welches widerum nicht ebenerdig mit dem eigentlichen Zimmer war, sondern erhöht lag und zum leichteren Wasserablauf einen ca. 3 cm hohen Spalt unter der Badezimmertür hatte. Wer im Stockbett unten lag, lief außerdem Gefahr, seekrank zu werden, wenn der Bettpartner (nicht falsch verstehen!) einen Hang zum Herumwälzen hatte. Störend war außerdem die mangelnde Möglichkeit, irgendwo anders als neben der Tür Licht ein- oder auszuschalten und ich verstehe nicht ganz, warum es keinen Abfalleimer im Zimmer gab, aber nun gut. Immerhin war es sauber. Bis auf die Toilette.
Abends konnten die anderen Langweiler und ich uns nicht mehr zur Kneipentour aufraffen (acht Stunden lang fünf Kilo Prospekte durch Hallen zu tragen, schlaucht ganz schön), sondern beehrten an beiden Abenden den Italiener um die Ecke, während die restliche Hälfte unseres Zimmers uns um Mitternacht aus dem Schlaf riss.
Übrigens ist die Tradition des Gruselgeschichten-erzählens noch nicht ausgestorben, auch wenn es sich bei unseren, vom Fernsehen beschränkten Gemütern, ausschließlich um Horrorfilmszenen handelte – natürlich beginnend bei „Hostel“…
Japp, das war unser ITB-Abenteuer. So langsam kommen wir auch wieder in den üblichen Schwung, bleibt nur noch die Frage, wohin mit den ganzen Prospekten…
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass wir seit Ende letzter Woche (endlich) wieder Fernsehen haben. Über den neuen Receiver empfangen wir IP-TV und haben nicht nur den Luxus von EPG-Daten, sondern sogar Time-Shift. Ich will ins Badezimmer? Kein Problem, schalten wir die Live-Sendung doch auf Pause! Ich hab nicht verstanden, was Harald Schmidt gesagt hat? Kein Problem, spulen wir schnell zurück! Total cool, Mocca goes Future.
So, genug palavert, die Waschmaschine ist auch schon seit 20 Minuten fertig.